Diese etwas skurile Vorstellung wurde bereits vor einiger Zeit vom höchsten europäischen Gericht bestätigt (EuGH C-118/13). Danach wird Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr nur als Ersatz für nicht gewährte Erholung gesehen, sondern als reiner Geldanspruch, der als solcher auch vererbbar ist und damit über den Tod hinaus wirkt.
Die Erben können den Arbeitgeber zur Kasse bitten
Wer gestorben ist, kann keinen Urlaub mehr nehmen und kann demzufolge auch nicht die Auszahlung nicht genommenen Resturlaubs fordern. So hatte das Bundesarbeitsgericht in 2011 geurteilt. Dieser Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof eine deutliche Absage erteilt. So stellte das oberste europäische Gericht fest, dass der Urlaubsanspruch nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers untergeht, sondern von den Hinterbliebenen im Wege der Urlaubsabgeltung eingefordert werden kann.
146 Tage Resturlaub des verstorbenen Ehemannes eingeklagt
Den Urlaubsanspruch ihres verstorbenen Ehemanns hatte eine Witwe geltend gemacht. Ihr verstorbener Mann war seit 1998 im Lebensmittelhandel tätig, 2009 schwer erkrankt und Ende 2010 verstorben. Wegen personeller Engpässe hatte er bereits in den Jahren zuvor keinen Urlaub nehmen können, so dass sich zum Todeszeitpunkt sein Urlaubsanspruch auf 146 Urlaubstage summierte. Diesen Urlaubsanspruch wollte die Witwe nun im Wege der Urlaubsabgeltung in bares Geld ummünzen und verlangte vom Arbeitgeber finanziellen Ausgleich für den Urlaub, den ihr verstorbener Mann nicht mehr antreten hatte können.
Das Arbeitsgericht Hamm wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass nach der geltenden Rechtsprechung der Urlaubsabgeltunganspruch ihres verstorbenen Ehemannes mit seinem Tod untergegangen sei. Schließlich habe durch seinen Tod der Urlaubsanspruch nicht mehr erfüllt werden können.
Auf die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruches kommt es nicht mehr an
Bereits bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen langjährig Erkrankter hatte der EuGH entschieden, dass es für das Entstehen eines Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht darauf ankommt, ob der Urlaubsanspruch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist erfüllbar gewesen ist oder nicht. Diese Argumentation machte sich die Witwe auch in der Berufungsinstanz zunutze und wies darauf hin, dass ihr Gatte den Urlaub auch zu Lebzeiten nicht habe nehmen können. Das Landesarbeitsgericht Hamm legte daher den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor.
Dieser stellte fest, dass die deutsche Rechtsprechung, wonach der Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers untergeht, nicht mit der Richtlinie 2003/88/EG vereinbar ist.
Urlaubsanspruch geht nicht mit dem Tod unter
Vielmehr, so der EuGH, handele es sich beim Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub um einen besonders wichtigen Grundsatz des deutschen Sozialrechts. Der Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Resturlaubs stelle daher auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicher.
Die Entscheidung steht in einer Linie mit den sehr arbeitnehmerfreundlichen Urteilen des EuGH zum europäischen Urlaubsrecht. Sie zeigt auch, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr als Ersatz für nicht gewährte Erholung gesehen wird, sondern als reiner Geldanspruch, der als solcher auch vererbbar ist und damit über den Tod hinaus wirkt.
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Christopher Müller
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